Wieviel Plattformisierung verträgt Public Value? Medienethik für öffentlich-rechtlichen Journalismus in sozialen Netzwerken

Henning Eichler

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Auch ÖR Medien machen Journalismus für soziale Netzwerke. Algorithmen und Regeln der Plattformökonomie beeinflussen dabei Inhalte und Themen. Diese Platformization des Journalismus braucht Grenzen. Mit ethischen Leitlinen, Regulierung? Wir brauchen einen zivilgesellschaftlichen Diskurs, wie ÖR Qualität auf Plattformen sichergestellt wird.
Hoppetosse: Sonnendeck
Vortrag
Deutsch
Conference

Öffentlich-rechtliche Medien (ÖRM) erreichen mit ihren linearen Angeboten kaum noch Menschen, die jünger als 35 sind. Diese Altersgruppe informiert sich überwiegend mit non-linear verbreiteten Inhalten, vorwiegend über soziale Netzwerke. Um bei jüngeren Publika Relevanz in Meinungsbildungsprozessen zu erlangen, produzieren ÖR Redaktionen daher inzwischen viele journalistischer Angebote, optimiert für die Verbreitung in sozialen Netzwerken. Insgesamt werden mehr als 270 journalistische Formate für soziale Netzwerke von den ÖRM in Deutschland erstellt, prominente Beispiele sind „Deutschland3000“, „Y-Kollektiv“ oder „News WG“.

Mit diesem Plattform-optimierten Journalismus handeln sich die ÖRM ein Problem ein: Sie müssen die Logiken der Plattformen anerkennen und ihre Arbeit an Mechanismen der Plattformökonomie ausrichten, wenn ihre Beiträge Reichweite, Interaktion, Verweildauer und damit Relevanz erreichen wollen. Es besteht ein Konflikt, zwischen gesetzlichem Auftrag und dem Anspruch Public Value zu generieren und zugleich nach Prinzipien von Platformization zu handeln. Denn Algorithmen priorisieren emotionale, polarisierende, kurze, aktuelle Inhalte gegenüber komplexen, tiefgründigen oder ausgewogenen. Algorithmische Logik tritt dann an die Stelle von redaktioneller Autonomie und werteorientiertem Journalismus.

Ich möchte Resultate meiner gerade abgeschlossenen Studie präsentieren. Dazu habe ich Redaktionsmanager*innen und Journalist*innen von ARD und ZDF befragt. Ergebnis: Plattformisierung ist ein täglicher Konflikt in Redaktionen. Themen und Zugänge werden auch nach Regeln der Plattformen gewählt. Es zeigt sich ein Unbehagen bzgl. der Abhängigkeit von Algorithmen und deren Einfluss auf journalistische Qualität.

In der Session möchte ich nach meinem Impulsvortrag diese Fragen mit den TeilnehmerInnen diskutieren:

  • Wie kann Platformization verringert werden?
  • Welche ethischen Leitlinien braucht ÖR Journalismus in sozialen Netzwerken?
  • Wie sollten ÖRM ihr Verhältnis zu Drittplattformen managen?
  • Wie kann/soll Zivilgesellschaft an der Problemlösung beteiligt sein?

Nicht zuletzt, um Legitimation, Eigenständigkeit und Qualität von ÖR Journalismus im digitalen Wandel zu gewährleisten, sind diese Fragen relevant.