In den Kommentarspalten geht es um nicht weniger als um die Verteidigung der Wahrheit. Denn dort tauschen User*innen nicht nur Meinungen aus, sondern auch Fakten. Meinungen gibt es viele, aber Fakten, die sollten eindeutig sein, sind sie aber nicht mehr. Alternative Medien, Meinungsmacher*innen und ihre Anhänger*innen nutzen Kommentarspalten, um unter journalistischen Beiträgen falsche Informationen zu verbreiten. So finden unseriöse Quellen und „Fake News“ ihren Weg raus aus dem Halbschatten von Facebook- und Telegram-Gruppen in die Öffentlichkeit.
Nachrichtenredaktionen werden durch diese Entwicklung vor eine Herausforderung gestellt: Einerseits ist die Meinungsfreiheit das oberste Gut unserer Gesellschaft. Gleichzeitig haben wir den Anspruch und die Verantwortung, Verschwörungserzählungen und Falschinformationen entgegenzuwirken. Denn spätestens im Zuge der Corona-Pandemie wurde klar: Menschen sind bereit, auf Grundlage falscher Fakten auf die Straße zu gehen. Es kommt der Punkt, da sind sie für Erkenntnisse der etablierten Wissenschaft nicht mehr empfänglich. Was also tun: Falschinformationen löschen oder stehen lassen, im Sinne der Meinungsfreiheit?
Als Leiterin des Community-Teams der tagesschau erfährt Frida Kammerer dieses Spannungsfeld jeden Tag. Sie hat den Überblick über die 28.000 User*innen-Kommentare, die die Redaktion jeden Tag erreichen. Und muss bei jedem Hoax, jeder Falschinformation und auch jeder Verschwörungserzählung neu bewerten: Ist das noch eine Meinung oder schon Fake News?
Fake-News-Expertin Katharina Nocun macht darauf aufmerksam, dass es schon lange vor dem Internet gefährliche Verschwörungsmythen gegeben hat. Geändert habe sich ihr Verbreitungsweg. Attentate wie in Halle oder Hanau würden zeigen, dass eine Reaktion auf Fake News besonders wichtig sei: Gegenrede!
Wie können wir als Redaktionen auf Fake News reagieren, ohne die Meinungsfreiheit zu gefährden? Wo sind die Plattformen in der Pflicht? Juristin Dr. Hannah Ruschemeier versucht, Orientierung zu geben.
Nicht alles könne auf die Unternehmen abgewälzt werden, meint Franziska Brandmann, Vorsitzende der Jungen Liberalen. Die Verfolgung von Straftaten, zum Beispiel in Telegram-Gruppen, müsse der Staat schon selbst übernehmen. Von ARD und ZDF wünscht sie sich mehr Gegenstimmen im Programm.