re:publica 22
08.-10. Juni 2022
Arena Berlin & Festsaal Kreuzberg
Im März 2020 wurde die COVID-19-Epidemie von der WHO als weltweite Pandemie erklärt. Nur neun Monate später, im Dezember 2020, wurde der erste COVID-19-Impfstoff in der EU bedingt zugelassen. In Sachsen-Anhalt erhielt eine 101-Jährige die erste Impfung in Deutschland – der Beginn der Impfkampagne.
Die erste Person in meiner Impfkabine war 86 Jahre alt, Prio 1. Sie ist fast in Tränen ausgebrochen vor Erleichterung, eine Impfung zu bekommen. Das war im im Frühjahr 2021, der Impfstoff war knapp und die Warteliste lang. Dann begann die oft hitzige Diskussion über das Für und Wider der Impfstoffe, über Altersgrenzen und Nebenwirkungen. Die Stimmung in der Impfkabine wurde anders, viele Ältere waren wütend oder verängstigt. Manche regelrecht verzweifelt darüber, was ihnen das Impfportal zugeteilt hatte. Schwierige Zeiten für Impf-Teams.
Seitdem lassen sich die verschiedenen Phasen der Pandemie in der Impfkabine sehr unmittelbar erleben. Die Gespräche zeigen ein vielfältiges Bild von Sorgen, Nöten, Hoffnungen und Wünschen der Menschen in der Pandemie, quer durch alle Altersgruppen, sozialen Hintergründe und Lebensformen. Die Fragen decken sich nur selten mit den Themen, die in Medien und Öffentlichkeit gehypt werden. Gleichzeitig gehören technische Probleme bei der offiziellen Software, fehlende Hotlines, bergeweise Papierausdrucke ebenso zum Impfalltag wie die Überrumpelung durch neue RKI-Vorgaben oder STIKO-Empfehlungen.
Was können wir aus diesen Geschichten lernen - zwischen Empathie und Empirie? Aus welchen Daten hätten wir mehr Wissen über die Impfung gewinnen können und woran ist es gescheitert? Welche digitalen Lösungen hätten einen Unterschied machen können? Wie sollte eine gute Aufklärungskampagne aussehen und warum fand sie nicht statt? Und wie können wir besser vorbereitet sein auf künftige Pandemien, die so erwartbar, wie unberechenbar bleiben?